Letzte Woche war ich zur Recherche im ehemaligen Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück nördlich von Berlin. Zunächst forschte ich drei Tage im Archiv zu Dokumenten über den Block 10, in dem die Tuberkulosekranken und später auch geistig Behinderte untergebracht waren. Mein nächster Roman wird die Geschichte einer Schweizer Häftlingsfrau erzählen, die sich während ihres Aufenthaltes im KZ mitschuldig gemacht und ihr ganzes restliches Leben dafür Buße getan hat, indem sie bis zu ihrem Tod Menschen in Afrika ärztliche Hilfe gebracht hat.
Auf solchen Holzgestellen schliefen die Frauen in drangvoller Enge auf Strohsäcken, die durchweicht von Exkrementen und voll von Ungeziefer waren. Wer die Grundrisse der Blöcke sieht, kann sich nicht vorstellen, dass in diesen Baracken 500 und mehr Frauen eingepfercht waren.
Hier sieht man den Grundriss des Blocks 10, in dem meine Romanfigur gelebt hat. Sie war wegen Arbeit für die französische Resistance verhaftet und ins KZ eingeliefert worden.
Das ist ein Blick von der Kommandantur auf das Lager, das 1939 unweit von Fürstenberg von der SS eingerichtet wurde. Es wurde bis 1945 ständig erweitert, um der Massen eingelieferter Menschen Herr zu werden. Bis zur Befreiung im April 1945 durch die Rote Armee wurden hier 120.000 Frauen und Kinder, 20.000 Männer und 1.200 weibliche Jugendliche (im „Jugendschutzlager“ Uckermarck unweit des Hauptlagers) registriert. Sie stammten aus über 30 Nationen, unter ihnen Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma. Zehntausende überlebten das Lager nicht.
Diese Skulpturengruppe steht in der ehemaligen „Schneiderei“, einem zentralen Ort der Zwangsarbeit im Lager.
Mit dieser Walze mussten die Frauen Straßen und Wege planieren. Sie spannten sich in das Drahtgestell ein und zogen den schweren Stein dann mit ihrer Körperkraft über den Untergrund.

Auch solche Loren mussten die Frauen über Schienen schieben, um auf ihnen Steine und Erde zu transportieren.
Auch für die Firma Siemens & Halske verrichteten die Häftlinge in diesen Baracken außerhalb des Lagers Zwangsarbeit.
Auf dieser Fläche errichtete die SS im August 1944 ein großes Zelt, in dem zeitweise unter unmenschlichen Bedingungen über 4000 Häftlinge zusammengepfercht wurden. Anfangs schliefen sie auf dem blanken Boden und hatten kaum Platz, sich hinzulegen. Es herrschte wegen fehlender Toiletten und vieler Infektionskrankheiten ein unbeschreiblicher Gestank. Täglich wurden Dutzende Tote herausgetragen.
Im Frühjahr 1943 ließ die SS ein Krematorium außerhalb der Lagermauer bauen, nachdem bis dahin die Toten im Städtischen Krematorium Fürstenberg eingeäschert worden waren. Im Umfeld des Krematoriums fanden bis Kriegsende Massenerschießungen durch ein SS-Sonderkommando statt. Neben dem Krematorium ließ die SS Anfang 1945 eine Gaskammer einrichten, in der etwa 5000 bis 6000 Häftlinge ermordet wurden.
Der Zellenbau, auch Bunker genannt, bestand aus 78 Zellen. Hier wurden die gefürchteten Prügelstrafen mit dem Ochsenziemer durchgeführt und Häftlinge wochen- und monatelang in Einzelhaft bei völlig unzureichender Ernährung eingesperrt.
Das Lager lag am idyllischen Schwedtsee, in dem die Asche vieler ermordeter Frauen „entsorgt“ wurde.
Während des Rundgangs über das Gelände ist folgendes Gedicht entstanden:
Der schwarzsteinige Weg
lenkt meine Schritte
über längst Begrabenes.
Im Knirschen verborgen
das Stöhnen Geschundener.
Wie damals krächzen die Krähen
über den Stümpfen der Pappeln.
Doch nirgends hebt sich eine Hand
Hilfe suchend zum Himmel.
Kein Blick durchdringt
anklagend das neblige Grau.
Aus Blut und Asche
sprießen unverwüstlich die Gräser.