Bauhaus-Roman



Ja, ich weiß, ich bin etwas spät dran. Wenn man einen Roman beginnt, dessen Thema just im selben Jahr durch alle Medien geht, weil ein wichtiger Teil eben dieses Romans gerade hundert Jahre alt wird, tja, dann hat man wohl etwas verpennt. Andererseits: vorher hätte ich nie, nie, niemals so viel Material über meine Protagonistin und ihr Leben und Wirken am Bauhaus gefunden. Es hat also alles mindestens zwei Seiten. Doch von vorn: Vor etwa 10 Jahren sah ich in einer Ausstellung im Stadtmuseum Weimar über Menschen, die auf Grund ihrer jüdischen Abstammung eingesperrt oder sonstwie mit Repressalien bedacht wurden (das genaue Thema ist mir nicht mehr erinnerlich) das Foto einer Frau. Kurze lockige Haare, weißes Hemd, Schlips, die Hände locker in die Hosentaschen gesteckt. Der Blick leicht verhangen, nach rechts unten gerichtet, weg vom Betrachter. Diese Frau hat mich sofort interessiert. Und ich begann meine ersten Recherchen zu ihrem Leben. Wow – dachte ich. Das wäre mal ein Romanstoff! Warum diese ersten Recherchen dann doch so lange auf der Festplatte meines damaligen Laptops schlummerten, weiß ich heute nicht mehr. Es gab halt immer auch andere Themen.

Nun, nach Fertigstellung meines letzten Romans „Gettokind“, der sich ebenso wie „Birkensommer“ mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzt, war mir kein Thema wichtiger, keines, das stärker drängte. Und da es überall „Bauhaus“ schrie, machte ich mich an die Arbeit.

Das Erfurter Angerhaus brachte glücklicherweise eine Ausstellung über vier „Bauhaus-Mädels“, darunter eben „meine“ Protagonistin, über deren Leben ansonsten nur magere Fakten existieren. Zwar brachte mir die Ausstellung an sich nichts Neues, aber der dazu erschienene Katalog enthielt doch einiges, was ich so noch nirgends gelesen hatte.

Natürlich war da auch Weimar, meine Geburtsstadt, die mit der Eröffnung des neuen Bauhaus-Museums und einer informativen Ausstellung im Neuen Museum allerlei Hintergrundinformationen bot. Eine Führung durch die historischen Bauhaus-Gebäude durfte natürlich auch nicht fehlen.

Außerdem besuchte ich die Arbeitsstätte meiner Protagonistin im 30 km entfernten Dornburg, wo just im Juni erst eine Ausstellung in den Originalräumen ihres Schaffens eröffnet wurde.

Nächsten Monat werde ich noch nach Marwitz in Brandenburg fahren, wo meine Protagonistin zusammen mit ihrem Ehemann eine Fabrik gegründet hat, die leider nach Machtergreifung der Nazis schließen musste.

Ein Glück, dass ich auch schon auf Bornholm war, wohin meine Künstlerin floh, nachdem sie von nationalsozialistisch eingestellten Arbeitern wegen „Verächtlichmachung und Herabminderung der deutschen Staatsautorität“ angezeigt wurde.

Schließlich musste sie ihre Fabrik weit unter Wert verkaufen und nach England fliehen, wo sie zwar eine neue Firma gründete, jedoch nicht annähernd so viel Erfolg hatte wie in Deutschland.

Dort starb sie 1990 im Alter von 91 Jahren.



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